Hallo
Leute ! Ich habe meine Leidenschaft für das Schreiben während der Ausgangssperre verwirklicht und habe diese Nachricht
geschrieben, die ich mit euch teilen möchte.
Alicia.
Dieses Mädchen verfolgt mich. Ich weiß nicht warum. Ich kann ihren
Gang nicht vergessen. Ich erinnere mich immer wieder daran, wir sie
ihre Hand durch ihr Haar streicht, wenn sie denkt, sich ihre Nase
kneift, wenn sie wütend ist. Jeoch wird ihr Gesicht immer
verschwommener in meinen Gedanken.
Zwei
Monate. Schon zwei Monate getrennt, wegen Kleinigkeiten. Aber sie hat
ihr Leben schon neu begonnen. Sie hängt oft mit diesem Mann rum, in
ihrer Gruppe von Freunden. Nathan, glaube ich. Neulich waren sie im
Kino und er nahm ihre Hand. Woher weiß ich das? Ich saß zwei Reihen
dahinter. Oh, sie hat ihn noch nicht geküsst und das wird nicht
passieren, denn vorher wird sie mich sehen. Sie wird mich anschauen,
ihre Augen in meine tauchen und ich könnte ihre Gesichtskonturen
wieder auswendig lernen, anstatt die ihres Rückens. Und die Konturen
der Hand, die gerade da ist. Ich halte mich bereit, wenn er sich zu
ihr beugt. Nein, er verabschiedet sich nur.
Alicia
überquert die Straße. Sie schaut nach rechts, nach links und wieder
nach rechts. Wie immer. Diesmal wird sie mich sehen ! Ihr Blick
geht an mir vorbei, wie an einem Schatten, der ich in ihrem Leben
bin. Ich bin zu weit weg, um ihr Gesicht zu sehen. Wie immer. Aber
ich traue mich nicht, ihr näher zu kommen. Was würde ich sie sagen
? Ich liebe dich und es tut mir leid ? Das ist nicht wahr. Es ist ein
bisschen mehr als das. Viel mehr. Alicia ist meine Seelenverwandte.
Drei Schritte, und ich verliere sie aus den Augen. Das ist nicht
schlimm. Ich weiß, wohin sie geht. Wie immer.
Ich
kenne alle ihre kleinen Angewohnheiten. Am Morgen gibt sie Milch in
ihren Tee, den sie lauwarm trinkt, weil sie ihn immer in letzter
Minute zu sich nimmt. Auf dem Kühlschrank, wo die anderen Leute
Fotos oder Zeichnungen haben, hat Alicia Post-its. Kleine gelbe
Quadrate, überall, um nichts zu vergessen. Heute bin ich in ihrer
Wohnung und sie ist zur Arbeit gegangen.
Meine
Alicia ist Violinistin im Konservatorium. Ich mache mir keine Sorgen
um sie, ich weiß, dass ihre Freundin Julie am Eingang wartet.
Auf Alicias Post-its steht nie mein Vorname. Ich weiß, weil
sie mich nie vergisst. Ich schaute auf das Sofa, war nicht
überrascht, eine Partitur zu finden. Sie spielte die ganze Nacht,
ich sah sie an. Sie schlief auf der Couch. Neben der Partitur liegt
das Buch, das sie vor zwei Tagen zu Ende gelesen hat, aber noch nicht
zurück in die Bibliothek gebracht hat. Darauf befindet sich ein
kleines gelbes Quadrat : zurückbringen. Ich lächele. Ich
könnte den ganzen Tag in ihrer Wohnung verbringen, aber sie kommt
bald zum Essen nach Hause. Es ist Mittwoch und ich will nicht, dass
sie mir hier begegnet. Ein letztes Mal atme ich den Geruch dieser
Wohnung ein. Ihrer Wohnung. Unserer, vor unserem Streit
Es
ist 12.30 Uhr. Ich muss mich beeilen. Ich gehe raus, ohne zu
vergessen, die Tür zu schließen. Ich gehe alle drei Etagen hinunter
und finde die hektischen Straßen von Paris in voller Aufruhr wieder.
Ich stecke meine Hände in die Taschen und ziehe meine Kapuze runter.
Ich will ihr beim Essen zusehen, also muss ich ins Gebäude gegenüber
gehen. Ich will nicht in ihre Privatsphäre eindringen.
Ich warte auf grünes Licht, um die Straße zu überquerung, auch
wenn kein Auto kommt. Das tut sie auch. Da ist sie übrigens. Ihr
Anblick lässt mich wieder lächeln. Sie sieht so gut aus. Ihr Gang
gibt mir Lust, sie in meine Arme zu nehmen. Ihre Freude lässt mich
aufleben. Sie ist nicht allein. Nathan hält die Hand von meiner
Alicia. Und das ist nicht normal.
Ich
sehe, sie haben Spaß, weil sie Matzenklößchen durch das Apartment
werfen. Ein wahres Kind. Er verdient sie nicht. Aber ich weiß. Ich
weiß, dass sie gern über ihre Geige oder Bücher sprechen. Die
Bücher und ihre Geige. Fünf Worte. Ihre ganzes Leben.
Schließlich
beenden sie ihr Spiel. Sie sehen sich in die Augen. Wenn er sie
küsst, töte ich ihn. Aber nein, sie nimmt ihre Geige. Ich halte die
Luft an.
Sie
schließt die Augen. Ihre Finger wirblen über den Griff der Geige.
Man kann sie von der Straße aus hören. Die Menschen schauen hoch
und fahren weiter. Warum sollten sie anhalten ? Sie kennen sie nicht
wie ich.
Nathan
geht an sein Handy. Er spricht einen Moment und geht. Ich möchte
gern wissen, um was es geht. Nein, lache ich. Ich muss hier bleiben,
wo Alicia ist. Ah, sie nimmt ihre Schlüssel. Sie müsste sich mit
Julie treffen. Ich runzele die Stirn. Sie ist zu spät. Meine
Seeleverwandte ist gewöhnlich sehr pünktlich. Jedoch hatten sie es
auf dem Post-it geschrieben.
Sie
geht die Straße hinunter in Richtung Café. Dieses Mal renne ich.
Ich will vor ihnen ankommen.
Ich
renne in das Café, völlig außer ohne Atem. Niemand bemerkt sie. Um
so besser. Es gibt nur eine Person, auf die ich aufmerksam machen
möchte. Ich setze mich an einen leeren Tisch hinten. Ich ziehe meine
Kapuze aus. Ich trage das Sweatshirt, das sie mir geschenkt hat. Das,
das ich in der Nacht unseres Streits hatte, habe ich seitdem nicht
mehr getragen.
Schließlich
kommt sie. Sie ist ein bisschen vom Wind zerzaust. Meine
Seelenverwandte. Alicia, sie mag keine Führungsqualitäten. Sie mag
keine Angeber. Alicia, sie hat ein Lächeln, das das Einzige ist, was
mein Herz weiter schlagen lässt. Die Traurigkeit Alicias versteckt
sich hinter ihren fröhlichen Augen.
Und
ich fühle mich schrecklich.
Ich
bin sauer, dass ich derjenige bin, der sie wieder zum Vorschein
bringt.
Ich möchte zu ihr laufen, ich möchte auf
die Knie fallen und ihr sagen, dass es mir leid tut, dass ich sie
mehr liebe alles. Aber ich mache nichts.
Ich lache
nicht, weil Alicias Traurigkeit wieder aufgetaucht ist. Sie ist aus
ihrem Versteck gekommen und ich will sie nie wieder in ihren Augen
sehen. Sie sollte nicht mal dort sein. Außerdem ist ihr wunderbares
Lächeln verschwunden.
Alicia, wo ist dein Lachen ? Das, das mich
lebendig fühlen lässt, das mir mehr als einen Schatten macht ?
Sie
bewegt sich nicht mehr, die Hand am Türgriff. Seit zwei Monaten
warte ich darauf, dass dieses Mäddchen mich ansieht. Zwei Monate.
Jedoch jetzt, da sie es getan hat, möchte ich nur eins und zwar,
dass sie aufhört.
Ihre
Freunde rufen sie an. Endlich befreit sie mich. Sie wendet langsam
den Kopf ab und die Tränen beginnen, über ihre Wangen zu fließen.
Julie nimmt sie in ihre Arme, beruhigt sie, flüstert ihr Worte ins
Ohr. Als sie antwortet, ist der Kaffee kalt.
« Er
folgt mir überall, Julie, ich kann nicht mehr. Es ist schrecklich.
Ich dachte, ich könnte es schaffen, weißt du ? Ich dachte, ich
könnte ihn vergessen, aber nein! Er ist immer da, auch wenn ich mit
Nathan zusammen bin ! »
Sie will mich nicht mehr sehen ? Warum ?
« Ich brauche Platz ».
Dieses Mal weiß ich, dass sie mit
mir spricht.
Ohne ein Wort hinzuzufügen, nimmt Julie
sie an der Hand, und sie gehen raus. Ich folge ihnen. Ich werde immer
für Alicia da sein, wo auch immer sie hingeht.
Ich will wissen,
warum sie vor diesem grauen Rechteck kniet. Vor allem, was sie hier
macht, auf einem Platz voller grauer Rechtecken und Menschen, die
weinen. Auf dem Rechteck steht eine Inschrift.
Ich
dachte, Alicia wäre das einzige Wort, das mir helfen könnte. Mein
Name, geschrieben auf einem kleinen grauen Rechteck, auf einem Platz
voller grauer Rechtecken, tut sehr weh. Aber das ist nicht schlimm,
denn ich liebe sie, sogar mehr als das. Und ich will, dass ihre
Traurigkeit sich wieder versteckt.
Ich
könnte ihr folgen, ihr jeden Tag zusehen, aber ich will, dass ihre
Freude ihre Traurigkeit überdeckt. Für immer. Deshalb werde ich es
nicht mehr tun.
Ich werde nie wieder zu den Post-its von Alicia
gehören.